Gwendolyn Schubert nimmt Dich mit auf ihre Reise zum Medical Training mit ihren Katzen

Gwendolyn ist Teilnehmerin meiner Ausbildung zum Medical Trainer.

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Was davor geschah

Mein Kater „Tiger Woods“ hat zu seinen Lebzeiten bei jeder Fahrt zum Tierarzt im Sekundentakt miaut. Unser Weg dauerte etwa 15 Minuten, über die sein „Piepen“ regelmäßig eindringlicher wurde. Wenn wir in der Praxis ankamen, war auch ich gestresst und mitunter schweißgebadet. Trotzdem bin ich damals weder auf die Idee gekommen, das Autofahren mit ihm zu üben, noch hätte ich gewusst, wie…

Sein plötzlicher Tod 2020 hinterließ eine große Lücke und so ergab es sich, dass recht bald, nachdem er gehen musste, zwei Katzendamen bei mir einzogen. Meine Wohnumgebung war inzwischen unruhiger und mehr von Autoverkehr beeinträchtigt, so dass ich mir leider nicht wieder vorstellen konnte, einen Freigänger bei mir zu beherbergen. Auch sollten es gerne Kätzinnen sein und schon erwachsen, damit möglichst viele Eigenschaften von vornherein bei ihnen ganz anders wären als bei ihm und ich einen Vergleich dadurch vermeiden würde. Nach meinem geliebten Bauernhofkater hieß ich also zwei erwachsene Indoor-Rassekatzen auf der Suche nach einem neuen Zuhause bei mir willkommen: die ehemalige Zuchtkatze Ava und ihre Tochter Suri.

Auch die beiden waren nicht sehr angetan davon, in die Transportbox einzusteigen, das bemerkte ich schon am Tag des Umzugs. Sie beobachteten sehr genau alle Ankündiger für das Greifen und Hineingesteckt-werden in die Box und versuchten direkt, sich zu entziehen. Während der anderthalbstündigen Fahrt schaffte Suri es sogar, aus der Box auszubrechen, nachdem sie vorher ausdauernd und laut dagegen protestiert hatte, eingesperrt zu sein – eine wirklich gefährliche und stressige Situation! Glücklicherweise gelangten beide Katzen dann zuhause sicher vom Auto in die Wohnung und durften sich nun in Ruhe einleben. Eigentlich verhielten sich beide Katzen nun sehr anspruchslos und lieb. Wenn sich da nur nicht schon wieder das Tierarzt-Thema bemerkbar gemacht hätte…

Ava und Suri litten an einem hartnäckigen Ohrmilbenbefall, außerdem stand bei Suri eine Zahnsanierung unter Narkose an. Wir hatten also schon am Anfang unseres Zusammenlebens mehrere Tierarzttermine zu bewältigen, und somit auch diverse Autofahrten und immer wieder das Thema „Transportbox“. Obwohl ich schon länger mit meinen Ponys und inzwischen sogar mit Kundinnen-Pferden clickerte, stellte ich das Training mit meinen Katzen noch immer zurück, da sie sehr wählerisch mit dem Futter waren und auch nur sehr wenig fressen konnten. Wieder einmal war ich als Mensch mit meiner Verhaltensänderung langsamer als meine Tiere!

 

Jeder Tag ist der richtige Tag, um mit dem Training zu beginnen

Ende Juli humpelte Ava auf einmal leicht. Da ihr jährlicher Impftermin sowieso im August anstand, machte ich einen Termin. Ava empfand diese Fahrt und alle weiteren Termine als sehr belastend. Wir verschoben das eigentlich geplante Impfen nun von Termin zu Termin, denn es musste erst einmal die Ursache für Avas Lahmen gefunden und sie behandelt werden. Meine liebe Seniorin sollte nach dem Praxisbesuch zunächst täglich Medikamente einnehmen – und fand die unfreiwillige Prozedur so schrecklich und traumatisch, dass mir sofort klar wurde: Ich werde diese Katze nicht „zu ihrem Besten“ dazu zwingen, diese Pillen einzunehmen. Was gleichzeitig bedeutete, dass sie vielleicht weniger lange leben wird, wenn sie ihre Medikamente nicht freiwillig nimmt.

Leider war es aufgrund ihres Befunds nämlich eindeutig, dass sie nicht wieder gesund werden wird. Wir mussten also entscheiden, Ava palliativ zu begleiten. Ab sofort stand für mich ihr psychisches Befinden absolut im Vordergrund. Mir war wichtig, dass sie ihr Zuhause bis zum letzten Moment als Zufluchtsort empfinden kann und nicht als Ort, an dem sie in die Ecke getrieben und gegen ihren Willen behandelt wird, so dass sie sich nirgendwo mehr sicher fühlen kann. Ebenso stand für mich absolut fest, dass ich ihr nicht ihre Vertrauensperson – mich – nehmen darf! Glücklicherweise entschied sich Ava bisher dazu, die notwendigsten Medikamente freiwillig über ihr Futter aufzunehmen.

Bei mir entwickelte sich aufgrund dieser Situation das starke Gefühl, mich entweder zu einer guten Katzenexpertin fortbilden zu wollen oder lieber gar keine Katzen mehr in meinem Leben zu haben. Denn wie bestimmt jeder Mensch, der Tiere in seiner Obhut hat, wollte ich doch eigentlich meinen Katzen gerecht werden und ihnen helfen. Nun fühlte ich mich aber aufgrund dieser neuen Situation erst einmal ziemlich überfordert.

So begann ich ergänzend zu meiner Medical Trainer Ausbildung für Pferde bei Nina Steigerwald spontan einen Monat nach Avas Diagnose die Medical Trainer Ausbildung für Katzen beim Animal College von Nicole Stein. Ich fing an, meine Katzen genau zu beobachten, viel zu lesen, zu lernen und mich auszutauschen. Und vor allem fing ich endlich an zu trainieren… Und sofort begann ich, viel genauer zu sehen, was meine Katzen eigentlich alles schon können, wie sie sich fühlen, und was sie mir sagen wollen.

 

Und so hat sich für mich noch einmal vertieft und bestätigt, was ich im Pferdetraining schon kennengelernt hatte:
  • Medical Training ist spannend, macht Spaß und erreicht durch kleinschrittiges, gewaltfreies Vorgehen erstaunliche Resultate! Ich kann das Training durch Trainingsmanagement und Trainingsplanung vorbereiten und selbst immer kreativer, empathischer und systematischer werden.
  • Medical Training wirkt als Enrichment und Beschäftigung, wirkt bindungs- und persönlichkeitsbildend, bereitet präventiv auf Behandlungen vor und kann im Ernstfall Behandlungen ermöglichen oder erleichtern.
  • Medical Training nimmt Ängste und baut Abwehrverhalten ab. Stattdessen entstehen Vertrauen und Selbstwirksamkeit, denn Medical Training baut auf das Lesen und Respektieren der Körpersprache des Tieres und nutzt Kooperationsverhalten, mit denen meine Katze Einfluss nehmen kann und das Feedback bekommt, wahrgenommen und nicht übergriffig behandelt zu werden. Dies hat auch positive Auswirkungen auf die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung und Kommunikation des medical trainierten Tieres.
  • Medical Training schafft Rituale und bildet ein Verhaltensrepertoire, mit dem die so ausgebildete Katze anspruchsvollen Situationen begegnen kann und resilienter wird: Suris und mein erstes Trainingsziel, die Seitenlage, hat mich innerhalb weniger Stunden zu einem viel wichtigeren und vertrauenswürdigerem Menschen für sie gemacht als zuvor. Mit Kopf und Körper beschäftigt, wurde sie sofort entspannter und zufriedener und hat mehr meine Nähe gesucht – so ist das Training eine wichtige Unterstützung auf dem Weg der Abnabelung von ihrer Mutter Ava, die bald nicht mehr bei uns sein kann. Schnell fragte Suri oft und von sich aus nach den beliebten Trainingseinheiten, die bisher nur wenige Minuten lang sind, aber nachhaltig wirken.
  • Medical Training hat mir Lösungsideen an die Hand gegeben, um meine Katzen selbst pflegen zu können und dabei die freiwillige Zustimmung als hohen Maßstab zu setzen. Ebenso hat es mir auch noch einmal bewusster gemacht, wie wichtig es ist, auf tierärztliche Behandlungen vorzubereiten.
  • Mit Medical Training lassen sich vielseitige Gesundheitsthemen meiner Katzen bearbeiten. Avas recht drastische Reaktion auf Übergriffigkeit hat mir sehr anschaulich gezeigt, wie sich die Lebensqualität der mir anvertrauten Tiere durch Training erhöhen und sogar ihr Leben verlängern kann.
  • Das mit positiver Verstärkung arbeitende Medical Training ist die einzig mögliche Alternative für Zwangsmaßnahmen – und für mich auch DAS Basistraining im Zusammeneben mit Tieren, noch vor der Beschäftigung mit weiteren Trainingsinhalten.

 

Medical Training mit Katzen

Medical Training als Enrichment und als bindungsförderndes Werkzeug einzusetzen, hat für mich inzwischen eine hohe Priorität, die gleichzeitig auf wichtige medizinische Handlungen vorbereitet.

Dazu gehört eben auch Inhalte wie, die Autofahrt in einer geschlossenen Box für meine Katzen angenehm zu machen und die Fahrt zum Tierarzt dadurch zu ermöglichen oder mindestens nicht zu verzögern, weil ich mein Tier erst unter dem Bett hervorziehen oder vom Schrank holen muss. Untersuchungswerte von Puls, Atmung und Temperatur sowie Blutwerte können außerdem bei einer entspannteren Katze weitaus aussagekräftiger sein als bei einem panischen oder gestressten Tier!

Idealerweise fängt Medical Training schon im Welpenalter an, kann aber in jedem Lebensalter begonnen werden: Für meinen Kater Tiger war es ein Leichtes, sich im Alter von 11 Jahren erstmals dem Verband anlegen und dem Fiebermessen anzunähern. Anfassen und Bürsten, Krallen schneiden, Hochheben oder Festhalten sind ebenso Medical Training Themen wie Augen oder Ohren untersuchen, eine Halskrause oder einen Body anlegen, Zähne putzen oder Pillen schlucken.

Ohne Medical Training müssen wir auf Ablenkungen oder Zwangsmaßnahmen zurückgreifen, die Untersuchungen in die Länge ziehen, Tiere verängstigen oder zu Verletzungen von Menschen führen können. Sich von Mal zu Mal durch die notwendigen Prozeduren zu mogeln bringt aber sicherlich keine Verhaltensverbesserungen sondern fördert eher sogenannte „Problemverhalten“.

Mit Medical Training erhalten bisher unangenehme Situationen eine neue und gute Bedeutung. Schmerzhafte oder seltsame Dinge und Prozeduren werden so zum Vorboten von etwas Schönem und Angenehmen – Futter! Eine Katze, die das Medical Training kennenlernt, bekommt sehr viel Bestätigung für erwünschtes Verhalten. Meistens dafür, Behandlungen passiv zu dulden, aber auch dafür, aktiv zu kooperieren, damit Behandlungen durchgeführt werden können. Jedes Thema, das beim Medical Training bearbeitet wurde, macht das nächste Ziel etwas leichter erreichbar und die Beziehung zueinander etwas vertrauensvoller!

Ich bin Ava sehr dankbar, dass sie mir ihr Vertrauen geschenkt und mich auf diese Reise geschickt hat, auch wenn es ein anspruchsvoller Anlass für mich war und ist. Inzwischen weiß ich, es braucht keinen solchen Anlass, um mit dem Medical Training zu beginnen und wir können jedem Tier dadurch mehr Lebensqualität verleihen. Auch als Mensch ist man einfach besser darauf vorbereitet, flexibler und zuversichtlicher mit gesundheitlichen und medizinischen Situationen umzugehen, die dem anvertrauten Tier einfach im Leben passieren können. Ich freue mich jedenfalls auf die Menschen und Tiere, denen ich auf meinem Weg begegnen werde – vielleicht bist es du, mit deiner Katze.

 

Gwendolyn Schubert