(Foto aus dem Medical Training mit Nicole Stein beim „Mondioring im Westen“ September 2023)

Mein Leben lang schon faszinieren mich Hunde und während meines Studiums in der Zahnmedizin fragten sich meine Studienfreunde, ob ich eigentlich Tier- oder Zahnmedizin studiere. Ich kaufte Unmengen an Hundeliteratur.

Nun nach dem Studium konnten mein Mann und ich endlich wieder Hunde in unserem Leben begrüßen. Und mir, die ich als Kind häufig auf einem Hundeplatz zubrachte, war natürlich klar, dass es ein Sporthund werden sollte.

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Und so stellte ich mir die folgenden Fragen:

  • Welche Sportart oder welche Art der Ausbildung genau werden wir zusammen trainieren?
  • Welche Eigenschaften muss mein Hund dafür mitbringen?
  • In welchem Alter kann mit dem gezielten Aufbautraining des Hundes begonnen werden?
  • Wie oft in der Woche muss der Hund trainiert werden, um erfolgreich zu sein?
  • Welche Prioritäten setze ich in den Aufbau des Hundes?
  • Wie trainiere ich den Aufbau der Muskulatur, Beweglichkeit und Koordination?
  • Welche Muskelgruppen sollten aufgebaut sein, bevor ich mit einem gezielten Sprungtraining beginne?
  • Welche Art von Physiotherapie mache ich sportbegleitend?

All diese Gedanken um den Sport mit dem Hund setzen gesunde Hunde voraus. Die sportlichen Belastungen im Hundesport sind sehr groß, so dass Sporthunde neben Impfungen und Allgemeinerkrankungen oft auch vermehrt zu Tierarztbesuchen und Physiotherapien in die Praxen müssen.

(Foto Lisa Keller „Tierisch Vital“ Physiotherapie für Hund und Katze)

 

Aber was war mit dem Tierarztbesuch?

Nur über diese Tierarztbesuche machte ich mir so keine Gedanken. Die Hunde mussten halt zu Untersuchungen und zu Impfungen und da mussten sie nun mal durch. So wie ich es früher als Kind auch musste, wenn meine Mutter mit mir den Zahnarzt aufsuchte und genau wie bei Kindern, die früh schlechte Erfahrungen in Zahnarztpraxen machen, treten auch bei Hunden, die schlechte Erfahrungen in Tierarztpraxen machen schwere Phobien auf.

Meine Hündin, die ich mir direkt nach dem Studium kaufte, war schon als Welpe häufig krank und eine Operation löste die nächste ab. Augen zu und durch sowohl für mich als auch für die Hündin. Die Hündin wurde von Tierarztbesuch zu Tierarztbesuch immer panischer und zitterte und ließ alles irgendwie über sich ergehen. Ich war bei jedem Tierarztbesuch sehr gestresst, selbst, wenn ich nur zum Impfen mit ihr dorthin fahren musste.

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Meine anderen Hunde versuchte ich zu Hause auf den Tierarzt vorzubereiten und übte das Anfassen am ganzen Körper. Aber von mir ließen sich ja alle meine Hunde immer anfassen und bereitwillig erduldeten sie alle anderen Manipulationen von mir. Letztendlich war es jedoch beim Tierarzt wieder mehr oder weniger Zwang, sie ruhig auf dem Behandlungstisch zu halten.

Bei meinem Hund Mattes wollte ich dann alles richtig machen. Ich nahm ihn zu Untersuchungen meines älteren Rüden Cliff mit und bat den Tierarzt – einen sehr netten Herrn – dass er immer mit in die Praxis kommen durfte und wir ihn auf den Tisch setzten und mit ihm etwas trainierten. Das ging dann leider voll daneben. Mattes freute sich sehr über den freundlichen Tierarzt, der da so nett mit ihm spielte, doch der Tierarzt entdeckte, dass der kleine Welpe es gar nicht mochte, wenn man ihn an den Pfoten berührte, jedes Mal sprang er mit den Vorderpfoten hoch. Dies nun wieder fand der Tierarzt sehr lustig, dass er ihn bei jedem Besuch in die Pfoten zwickte und der Welpe wurde immer böse und der Tierarzt fand das immer lustiger, wie er da so herumbellte und sich sträubte. Langer Rede kurzer Sinn ich habe das weitere Üben abgebrochen und war dankbar, dass Mattes bis heute in seinem 10. Lebensjahr nie krank war. Mattes konnte zum Impfen nur noch mit Maulkorb in Tierarztpraxen gebracht werden und an seine Pfoten lässt er Niemanden mehr heran.

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Kooperationsverhalten im Medical Training

Also fragte ich mich, was sollte ich neben der körperlichen Auslastung in Form von Bewegung und der geistigen Auslastung im Mondioring meinem Hund für die Tierarztbesuche beibringen?

Was mache ich persönlich mit Angstpatienten oder mit Kindern in einer Zahnarztpraxis, welche Kooperationssignale vereinbare ich mit Hypnose Patienten, um sie bei Aufkommen unguter Gefühle, kurzfristig aus der Hypnose zu begleiten?

Was genau kann ich mit meinen Hunden tun, wie schaffe ich es, dass sie mit mir und den Behandlern kooperieren? Gibt es Lernmethoden hier zu? Und so ging ich auf die Suche ins Internet.

Hier stieß ich bei den TOP-Trainern des Scheuerhofes von Viviane Theby in Wittlich auf die Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie NICOLE STEIN. Und ihr Name ist Programm. Sie brachte den Stein zum Medical Training für Mattes und mich ins Rollen! Ich meldete mich spontan zur Medical-Trainerausbildung für Hunde beim Animal College von Nicole an!

Nicole brachte uns bei, dass man bei Tieren, wie ich es bei der Behandlung an Menschen mache, ebenso ein Kooperationsverhalten einführen kann. Das fördert genau wie beim Menschen Vertrauen und reduziert gleichzeitig den Stress.

Im medizinischen Training für Hunde werden verschiedene Kooperationsverhalten eingesetzt, um die Zusammenarbeit zwischen dem Hund und dem Tierarzt oder dem Trainer zu fördern.

Dabei ist das Training eines Kooperationsverhaltens eine faire und respektvolle Methode, die auf Vertrauen und positiver Verstärkung baut.

Durch das Training von Kooperationsverhalten geben wir dem Hund die Kontrolle über seine Situation zurück und erhöhen sein Wohlbefinden und seine Kooperationsbereitschaft.

Der Hund zeigt durch dieses Kooperationsverhalten die Bereitschaft zur Mitarbeit. Beendet der Hund das Kooperationsverhalten, bedeutet dies, dass es ihm gerade unangenehm ist und er eine Pause braucht.

Wir schließen mit dem Hund quasi einen Kooperationsvertrag ab.
  • Hund zeigt Kooperationsverhalten = Behandler beginnt
  • Hund beendet Kooperationsverhalten = Behandler beendet

Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Kooperationsvertrag im Grunde einseitig ist. Wir sind diejenigen, die dem Hund versprechen, wir beginnen mit der Behandlung bzw. Pflegemaßnahme erst beim Einnehmen des Kooperationsverhaltens und beenden sofort unsererseits alle Maßnahmen beim Verlassen des Kooperationsverhaltens.

Beim gemeinsamen Training in Verbindung mit dem Kooperationsverhalten lernt der Hund immer besser, selbständig aus dem Verhalten auszusteigen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass es für das Aussteigen keine Garantie gibt. Es könnte auch sein, dass der Hund, weil ihm die Behandlung zu belastend erscheint, nicht aus dem Kooperationsverhalten aussteigt, sondern ad hoc Abwehrverhalten zeigen. Nicht nur der Hund muss langsam lernen aus dem Kooperationsverhalten auszusteigen, sondern auch die behandelnden Personen oder Trainer lernen, den Hund immer besser zu lesen.

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Welche Verhalten eignen sich als Kooperationsverhalten?

Als Kooperationsverhalten eigenen sich Verhalten, die der Hund statisch und auf Dauer zeigen kann. Dabei sollte der Hund das Verhalten bequem und mit minimaler Muskelkraft zeigen können

Die wichtigsten sind z.B.

(Fotos aus dem Medicaltraining mit Nicole Stein beim „Mondioring im Westen“ September 2023)

Die Seitenlage

Das Bodentarget

Das Kinntarget

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Die Macht der kleinen Trainingsschritte

Die Macht der kleinen Trainingsschritte im Medical-Training besteht darin, dass sie dem Hund helfen, Vertrauen aufzubauen, Stress abzubauen und viele Erfolgserlebnisse zu haben.

Indem wir die Übungen für die Hunde in kleine Einzelschritte zerlegen, ermöglichen wir den Hunden, das gewünschte Verhalten schrittweise zu lernen, ohne sie zu überfordern oder zu frustrieren. Außerdem können wir so jeden einzelnen Schritt positiv verstärken mit einem Clicker / Markerwort und Futter und den Hunden so zeigen, dass sie alles richtig machen. So werden sie motiviert, weiter mitzumachen und sich zu verbessern.

Dabei können wir uns die kleinen Trainingsschritte so vorstellen, als würden wir den Hunden Fragen stellen.

Z.B. Lieber Hund kannst du ruhig mit dem Kinn auf dem Target liegen bleiben während ich dich an der Schulter berühre? Bleibt der Hund auf dem Target liegen so hat er diese Frage mit „ja“ beantwortet. Wird er unruhig oder hebt das Kinn so hat die Frage mit „nein“ beantwortet!

Das Ziel muss es sein, dass die Hunde immer mit „ja“ antworten können, denn nur dann sind die Trainingsschritte klein genug.

Kleine Trainingsschritte sind also ein wichtiger Bestandteil des Medical Trainings für Hunde, denn sie ermöglichen es uns den Hunden beizubringen, sich entspannt und kooperativ untersuchen und pflegen zu lassen. Das kommt nicht nur unseren Hunden zugute, sondern auch uns selbst, den Tierärzten, den Physiotherapeuten und Hundefrisören und Allen, die mit unseren Hunden zu tun haben.

Medical Training für Hunde wird daher zu einer Notwendigkeit für jeden Hundehalter und jeden, der mit Hunden zu tun hat, weil es das Leben deines Hundes und deines eigenen Lebens erleichtert und verbessert. Es ist eine Investition in die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Beziehung zu den Hunden.

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Autorin: Dr. Christiana Walter, Teilnehmerin der Ausbildung zum Medical Trainer